Selbst Musik produzieren, auflegen und angesagte Partys organisieren, bei denen sich nationale wie internationale Künstler die Klinke in die Hand geben – klingt nach einer ertsrebenswerten Art, seine Freizeit zu verbringen.
Der Münchner Curtis Newton hat genau das zu seiner Realität gemacht. Seit 16 Jahren legt er auf, seit 9 Jahren produziert er schon mittlerweile sogar auf seinem eigenen Label. Regelmäßig lädt er darüber hinaus an der Isar zu der über die Grenzen der bayrischen Hauptstadt hinweg bekannten Partyreihe „GrenzFrequenz“ ein. Anlässlich der aktuellen Party, bei der niemand geringeres als Noirs rumänische Neuentdeckung ATAPY an den Decks stehen wird, haben wir uns mit dem charismatischen Dreiunddreißigjährigen getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt.
Wann hast du angefangen selbst Musik zu produzieren und wie kam es dazu?
Ich weiß nicht, warum, aber ich hatte wohl immer schon das Bedürfnis, eigene Vorstellungen umzusetzen. So auch in der Musik. Alles begann 1999 mit einer Roland MC303. Leider keine TB-303, aber immerhin Hardware zum anfassen. Ich habe mit diesem Gerät meine ersten Beats programmiert. Ab da ging es dann recht schnell weiter.
Eine Korg Electribe kam ins Haus, die Jomox XBase09 wurde einem Kumpel abgekauft und Synthis wie der Roland JX-3P, der Sirius von Quasimidi oder der alte Access Virus A landeten bei mir im Zimmer.
Das Highlight bildete zum Schluss eine originale Roland TR-808.
Die Leute meinten immer, man müsse aufpassen, wenn man mein Zimmer betritt, dass man keine Elektro-Schock bekommt. Innerhalb von 2 Jahren war ich dann stolzer Besitzer eines gemütlichen Analog-Studios. Und meine Eltern einer Großpackung Oropax! An dieser Stelle ein riesen Dankeschön an meine Eltern für die Geduld, die sie mit mir und meiner Musik hatten. Das ist nicht selbstverständlich. „Danke!“
Seit wann gibt es Curtis Newton?
Curtis Newton gibt es seit 1998. In diesem Jahr war mein erster „offizieller“ Auftritt.
Wie ist dieser Name zu Stande gekommen?
Ich bin ein waschechter 1980er! Und auch in gewisser Hinsicht ein Resultat aus dieser Zeit. Meine absolute Liebslings-Serie war einfach Captain Future. Als ich nun gefragt wurde, wie ich denn auf dem Flyer stehen möchte (bei meinem ersten Auftritt), wollte ich keinen plumpen Namen wie „DJ Captain Future“ , „DJ Otto“ oder „Mr. Brain“ oder sowas. Es sollte etwas subtiler sein, aber dennoch mit Captain Future zu tun haben. Also hab ich mich einfach n bisschen in den Hintergrund eingelesen. Und dann stand fest: Curtis Newton. Der bürgerliche Name von Captain Future!
Die Leute kennen den Zusammenhang in 90% der Fälle nicht und ich kann mich damit zu 100% identifizieren. So kam es dazu und so wird es bleiben.
Wie und wann ist die Idee GrenzFrequenz entstanden?
Es ging um einen Namen für meine Geburtstagsparty 2008. Der Name ist, wie so oft, aus einem Zufall entstanden. Ich telefonierte mit einem Kumpel, der einen Namen vorschlug, den ich aber komplett falsch verstanden habe.
Ich sagte dann zu meiner Freundin: „….. er meinte irgendwas mit Frankfurter Kränzchen …bla bla…“! Total bescheuert! Wir haben dann weiter unser Gehirn gestürmt und igendwie bin ich über Kränzchen zu Grenzchen zu Grenzeund gekommen. Kurz darauf stand ich da und meinte: „Warum nicht GrenzFrequenz?“ Der Name war geboren.
Wie ging es nach der Geburtstagsfeier weiter?
Es war nie angedacht gewesen, dass GrenzFrequenz je eine Crew wird oder gar ein Record Label. Die Geburtstagsparty war ein voller Erfolg, wir haben kurz nachgedacht, und daraus eine Reihe gemacht. Und somit war unsere kleine Crew geboren. Damals jedoch mit komplett anderen Leuten als heute. Anfangs waren das auch eher illegale Outdoor-Partys.
Wer bildet heute den „Harten Kern“?
Der harte Kern wird heute aus Duff Bensky, Gustavo Smith, R.Fineschliff und meiner Wenigkeit gebildet. Neu hinzugekommen ist Casimir und Mein Anwalt ist ebenfalls ein Mitglied der Crew.
Wie hört sich GrenzFrequenz an?
Also zuerst mal hört GrenzFrequenz sich immer gut an. Das kann ich nach den vielen Jahren auf jeden Fall behaupten. Als ich mit GrenzFrequenz begonnen habe, habe ich z. B. noch komplett anderen Sound aufgelegt, wie heute. Aber die Musik vollzieht einfach über
die Jahre einen unglaublichen Wandel. Wichtig ist jedoch, dass man diesen Wandel zwar spürt, aber nicht als Anlass nimmt, seinen Style einfach zu ändern, nur um ihn mitzumachen. Für mich gesehen kann ich nur sagen, dass ich niemals aktiv meinen Style geändert habe oder so was. Ich habe mich musikalisch treiben lassen, und so bin ich heute da, wo ich jetzt bin. Entweder man hat ein Gespür, oder man hat keins. Das merkt man recht schnell bei Menschen.
Und so ist es auch mit dem Rest der Crew. GrenzFrequenz spielt den Sound, den wir gerne selber hören. Und zufällig trifft dieser Geschmack auch den Geschmack ziemlich vieler Leute, die unsere Partys besuchen. Wir waren von Anfang an eine Crew in München, die nie den Standard-Brei bedient hat, sondern immer anders war. Gott sei Dank! Weil man nur so vorwärts kommt und den Leuten auf Dauer etwas bieten kann. Ich kann jedem nur empfehlen, sich das mal anzuschauen und anzuhören. Das ist es auf jeden Fall wert!
Wie fand der Ãœbergang von illegalen Outdoorpartys in die Clubs statt?
Da gab es eigentlich keinen Ãœbergang. Wir sind eigentlich in „Räumen“ gestartet und sind dann erst raus. Was wahrscheinlich damit zu tun hatte, dass mein Geburtstag im Winter ist (lacht). Wir sind von drinnen nach draußen sozusagen.
Erste Station von uns war der StadtKlub in der Sonnenstrasse. Jeden Donnerstag sollten wir einen Abend gestalten. Das war gleich mal richtig harte Arbeit. Die ersten Kontakte geknüpft, ohne Ende geflyert und die Leute teilweise an den Donnerstagen selbst „von der Strasse“ geholt. Es war sofort erkennbar, dass es in München nicht einfach sein wird, kontinuierlich einen vollen Donnerstag zu organisieren. Schon gar nicht, wenn man einfach noch keinen Bekanntheitsgrad hat. Wir haben bei Null angefangen. Von ganz unten.
Das mit dem StadtKlub mussten wir dann an den Nagel hängen, weil es einfach nicht möglich war, dort anständig zu veranstalten. Die Ansprüche von mir an GrenzFrequenz waren damals sehr hoch und sind es noch heute. Silvester 2010/11 hatten wir dann durch einen zufälligen Anruf die Möglichkeit in der Feinkost Elektronika aufzulegen. Privat mit „closed Doors“. Hier haben wir ein späteres Mitglied von GrenzFrequenz kennengelernt: Gustavo Smith. In der Feinkost haben wir dann 10 Tage nach dieser Silvester Party unsere erste GrenzFrequenz Party in dieser Location geschmissen. Mal wieder zu meinem Geburtstag. Und ab da dann alle 2 – 3 Wochen eine Party. Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir unsere Local DJ´s connecten und jedem eine Plattform geben, und sich somit auch die Kreise mal kennenlernten. Es waren immer wieder andere Leute da. Und somit wurden wir auch von vielen Leuten gesehen und viele davon sind uns bis heute treu.
Im April 2011 wurde ich parallel Resident DJ im Bullitt Club. Wir haben dort als Crew zwar aufgelegt, aber „durften“ nie einen Abend selber gestalten. Wir brachten z.B. Oliver Schories in den Club und haben uns Step by Step vorgearbeitet und bewiesen, dass wir ein gutes Gespür haben. Und dann durften wir unsere erste Party im Bullitt veranstalten. Und wie könnte es anders sein: Mein Geburtstag 2012 war diese, unsere erste offizielle Party im Bullitt, die wir komplett selbst organisieren durften. Und ab da ging es richtig los. Die Feinkost musste verkauft werden und wir konzentrierten uns nur noch auf das Bullitt. Mit Erfolg. Es waren unglaublich fette Partys dort. Jetzt sind wir ins 8 Below weitergezogen und versuchen, uns da etwas Neues aufzubauen. Im 8 Below haben wir jetzt jeden 4. Freitag und präsentieren jedes Mal andere interessante Acts. Und es sind wirklich interessante Acts.
Ihr habt euch vor einigen Wochen aus den Bullitt verabschiedet und habt angekündigt etwas kürzer zu treten. Was heißt das konkret?
Wir haben uns an meinem Geburtstag 2013 aus dem Bullitt verabschiedet. So war das zwar nie geplant, aber die Umstände haben keinen anderen Weg zugelassen. Und wieder trifft es auf meinen Geburtstag. Schon eine interessante Begebenheit. Jede wichtige Station von GrenzFrequenz hatte etwas mit meinem Geburtstag zu tun. Von der Gründung bis heute. Der Grund war einfach der, dass wir in 2 Locations veranstaltet haben, und das dann doch an die Substanz geht, wenn ich alle 2 Wochen selber eine Party habe und zwischendurch gebucht bin. Und die Qualität der Partys hat auch angefangen, darunter zu leiden. Und da meine Ansprüche an mich selbst und GrenzFrequenz weiterhin sehr hoch sind, habe ich diese Entscheidung (natürlich nach Absprache mit meiner Crew) getroffen. Ich möchte dieses Jahr auch meinen Fokus mehr auf meine Studioarbeit legen und mehr Zeit zum produzieren haben. Mein Ziel ist es, dieses Jahr eine Scheibe auf einem renommierten Label herauszubringen. Und das sollte kein Problem sein, wenn ich mehr Zeit investiere. Dazu sei vielleicht noch gesagt, dass ich all die Zeit immer noch einen normalen 40 Std. Job nebenher hatte.
Am Samstag ist eure erste Party nach eurer Labelnight in 2013 mit einem gebuchten Künstler. Was habt ihr für den Abend geplant?
Richtig. Am Samstag ist ATAPY (Noir Music / Get Physical) bei uns zu Gast. ATAPY ist das beste Beispiel dafür, dass man, wenn man weiterkommen will, ein Gespür für Musik braucht. Dieses Booking habe ich vor ca. 6 Monaten gemacht, als noch kein Mensch ATAPY kannte (bzw. ATAPY einfach nicht in jeder Munde war). ATAPY schmeißt unglaublich deepen und dazu fetten Sound, dass er wirklich perfekt in unser Konzept passt. Ich freue mich sehr, ihn hier bei uns begrüßen zu dürfen.
Neben der Musik gibt es bei uns noch immer feine Kleinigkeiten, die wir unseren Gästen bieten. Hin und wieder kommen hübsche Frauen und servieren dir einen Jägermeister, oder wir stellen einen alten Super Nintendo auf und zocken mit den Gästen Super Mario Kart oder was auch immer. Es ist immer etwas geboten.
Hinter einer derartigen Veranstaltung steckt mit Sicherheit viel Planung und Arbeit. Kannst du vielleicht kurz beschreiben wie das dann funktioniert, auf was man achten muss?
Es steckt scheiss viel Arbeit hinter so einer Veranstaltung. Die meisten Leute gehen auf eine Party und haben keine Ahnung, was da alles für Arbeit drinsteckt. Aber das ist absolut ok so. So soll es ja auch sein. Die Leute sollen ihren Spaß haben. Und wir versuchen ihnen den zu ermöglichen.
Im Grunde genommen bin ich Chef, Booker und Organisator in einem. Meine Kollegen und Freunde nehmen mir natürlich viel Arbeit ab. Aber die Schnüre laufen alle trotzdem bei mir zusammen. Das ist aber auch so gewollt und gut so. Jedoch bedeutet dies eine ständige Erreichbarkeit und das Treffen wichtiger Entscheidungen. Ganz abgesehen von den organisatorischen Dingen, die ich erledigen muss, wenn ich Künstler buche, Anfragen rausschicke und und und. Aber das Beste an der ganzen Geschichte ist, dass ich es nicht als Arbeit wahrnehme. Es ist mein Lebenstraum, der Step by Step in Erfüllung geht, und ich habe wirklich nie geplant gehabt, dass es so läuft. Und das ist für mich der beste Beweis an dem ich sehe, dass es richtig ist, was wir tun. Man nimmt nur Tätigkeiten als „Arbeit“ wahr, auf die man eigentlich gar keine Lust hat. Ich habe jedoch voll Bock auf das alles, und somit bin ich zwar oft bis tief in die Nacht beschäftigt, aber ich habe Spaß dran. Es ist anstrengend, das ist klar, aber es ist eine Erfüllung. Und damit kann ich mich glücklich schätzen.
Was war dein persönliches Highlight in den letzten Jahren?
Mein Live Act an unserer Labelnight und das Gefühl, wie die Leute zu meinen eigenen Nummern abgegangen sind. Das war eine unglaubliche Nacht!!!
Ist es dein Ziel irgendwann hauptberuflich als DJ zu arbeiten?
Als DJ, Clubbesitzer, Musikproduzent und Labelowner … (lacht) … Warum nur kleine Brötchen backen?
Curtis, Danke für deine Zeit!
Curtis Newton @ soundcloud
Curtis Newton @ facebook
2 Antworten auf Curtis Newton: „Ich nehm das nicht als Arbeit wahr!“